Bis heute warte ich vergeblich auf den Bescheid, der laut dieser WDR-Pressemitteilung „am Montag, 1. Juli 2013, ergangen“ sein soll. Das verwundert, schreibt doch die Deutsche Post: „Täglich stellen wir bundesweit rund 64 Mio. Briefe zu. 95%* davon erreichen bereits nach einem Tag ihr Ziel – ein Spitzenwert, auch im internationalen Vergleich.“ Von Montag bis heute sind es schon vier Postarbeitstage, also vier Mal mehr als der Zeitraum, innerhalb dessen 95 Prozent aller Briefe ihr Ziel erreichen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Auf Anfrage war der WDR-Sprecher Birand Bingül heute dennoch nicht bereit, mir den Bescheid vorab per E-Mail zukommen zu lassen. Die WDR-Justiziarin und stellvertretende WDR-Intendantin, Eva-Maria Michel (I, II), war auch auf mehrfache Anfrage nicht zu sprechen, ebensowenig der stellvertretende WDR-Justitiar Stephan Michelfelder, der mir im Jahr 2008 zusammen mit Michel mitteilte, dass der WDR mir auf meinen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz hin keine Auskunft geben würde.
Allerdings teilte mir Bingül per E-Mail mit:
Wir sind selbst überrascht von der Laufzeit des Bescheides, die wir bedauern. Wir haben deshalb umgehend den Postweg geprüft. Die Poststelle des WDR hat den Bescheid nachweislich – und wie öffentlich bekannt gegeben – am 1. Juli zur Beförderung gegeben.
Laut Post gehen Briefe mit Einschreiben Rückschein in die zentrale Poststelle Langenfeld. Dort wurde unser Schreiben am 4. Juli registriert und zur Weiterverteilung gegeben. Mit der Auslieferung ist am Montag zu rechnen, so die Post.
Ihrem Anliegen, den Bescheid per E-Mail zu versenden, können wir leider nicht entsprechen. Sie haben eine Auskunft nach Informationsfreiheitsgesetz NRW verlangt. Nach diesem Gesetz ergeht der Bescheid an Sie förmlich, denn er enthält eine Rechtsmittelbelehrung und eine entsprechende Frist. Deshalb benötigen wir einen rechtssicheren Beleg, um nachweisen zu können, wann die Rechtsmittelfrist beginnt. Dieser Beleg ergibt sich aus dem Rückschein. Dies sind juristische Formalien, die allerdings Ihrer Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz folgen.
Man darf bezweifeln, ob ein Brief, der bereits gestern (4. 7.) registriert worden sein soll, erst am kommenden Montag (8. 7.) ankommen kann. Wie oben geschildert, garantiert die Deutsche Post, dass 95 % aller Briefe innerhalb eines Tages ihr Ziel erreichen. Von gestern bis Montag sind es weitere ganze drei Postarbeitstage. Auch Bingüls Argumentation mit dem Informationsfreiheitsgesetz vermag wenig zu überzeugen. Wenn der WDR mir den Bescheid vorab per E-Mail übersenden würde, würde mir der Bescheid ja dennoch zusätzlich auf dem Postwege zugehen und auch den von Bingül angesprochenen Rückschein würde der WDR trotzdem erhalten. Daran ändert auch das von Bingül ironischerweise hier bemühte Informationsfreiheitsgesetz nichts.
Unterdessen titeln Medien wie die Berliner Zeitung „WDR gibt Auskunft“. Der epd behauptet sogar: „Der WDR hat einem Journalisten nach jahrelangem Rechtsstreit nun doch Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz bereitgestellt“. Ja, hat er das? Wie leicht man Journalisten mit einer simplen Pressemitteilung manipulieren kann.
Update (5. 7.): Soeben rief mich die WDR-Justitiarin Eva-Maria Michel zurück. Es habe sich nun „doch kurzfristig ein Zeitfenster ergeben“, so eine WDR-Mitarbeiterin. Den Inhalt des Gesprächs kann ich, da nach dem Presserecht die Beweislast für Behauptungen bei der Person liegt, die eine Behauptung erhebt und ich das Gespräch nicht aufgezeichnet habe, hier leider nicht wiedergeben. Der Erkenntniswert wäre aber ohnehin gering.